Ältestenrat zur Regelung der Abgeordnetenentschädigung nicht befugt
Der Verfassungsgerichtshof NW hat einer die Abgeordnetenentschädigung betreffenden Organklage von fünf F. D. P.-Landtagsabgeordneten gegen den Ältestenrat des Landtags NW stattgegeben.
Die Abgeordneten hatten sich gegen die Regelungen über die Kürzung ihrer Entschädigung für die allgemeinen Kosten der Mandatsausübung gewandt. Im Abgeordnetengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen ist geregelt, daß die hierfür festgesetzte Pauschale von zur Zeit 2.191,-- DM nach entsprechenden Ausführungsbestimmungen des Ältestenrats um bis zu 500,-- DM gekürzt wird, wenn Abgeordnete Mitarbeiter ganz oder teilweise in einem Landtagsbüro beschäftigen. Der Ältestenrat hat den Kürzungsbetrag für den Fall der vollen Beschäftigung eines Mitarbeiters im Landtag auf 500,-- DM und für den Fall teilweiser Beschäftigung dort auf 250,-- DM festgesetzt. Der Kürzungsregelung liegt die Annahme zugrunde, daß bei einer Beschäftigung von Mitarbeitern im Landtag Kosten für die Anmietung eines Wahlkreisbüros und für den damit zusammenhängenden Aufwand nicht anfallen.
In der mündlichen Begründung des heute verkündeten Urteils führte Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. Bertrams u. a. aus:
Schon die Tatsache, daß der Ältestenrat vom Landesgesetzgeber ermächtigt worden sei, Ausführungsbestimmungen zur Kürzung der Abgeordnetenentschädigung zu erlassen, sei mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar. Das Landesparlament habe den Ältestenrat nicht zu einer bloß technischen Umsetzung einer gesetzlichen Entschädigungsregelung ermächtigt, sondern ihm einen eigenen Entscheidungsspielraum eingeräumt. Bei der Festsetzung der Höhe und der näheren Ausgestaltung der mit dem Abgeordnetenstatus verbundenen finanziellen Regelungen entscheide das Parlament indes in eigener Sache. Zur Sicherung der nach dem demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzip geforderten Transparenz dürfe deshalb nur das Parlament selbst die wesentlichen Teile der finanziellen Ausstattung der Abgeordneten festsetzen. Ein parlamentarisches Hilfsorgan wie der Ältestenrat unterliege keiner öffentlichen Kontrolle. Der gesamte Willensbildungsprozeß müsse aber, wie das beim Gesetzgebungsver-fahren der Fall sei, für den Bürger durchschaubar sein und das Ergebnis vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen werden. Die parlamentarische Demokratie basiere auf dem Vertrauen des Volkes; dieses Vertrauen erfordere Transparenz, die erlaube zu verfolgen, was politische geschehe.
- VerfGH 20/93 -