Normenkontrollverfahren der CDU-Landtagsfraktion gegen Vorschriften der Landeshaushaltsgesetze 2001 und 2002
Am 1. Juli 2003, 11.00 Uhr, verhandelt der Verfassungsgerichtshof NRW über den Normenkontrollantrag der Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion gegen § 1 und § 2 Abs. 1 des Haushaltsgesetzes 2001 sowie § 1 und § 2 Abs. 1 des Haushaltsgesetzes 2002. Es geht um die Frage, ob in die Haushalte dieser Jahre über eine Rücklage Kreditmittel verschoben worden sind, um die Kreditobergrenze des Art. 83 Satz 2 der Landesverfassung NRW (LV) zu umgehen.
Die Haushaltspläne 2001 und 2002 sahen Entnahmen in Höhe von 2,3 Mrd. DM bzw. 1,2 Mrd. DM aus einer Allgemeinen Rücklage vor. Mittel in dieser Höhe waren der Rücklage durch die Haushaltspläne des jeweiligen Vorjahres zugeführt worden. Ohne die Rücklagenentnahmen hätte die Nettoneuverschuldung in den Haushaltsjahren 2001 und 2002 bei gleichbleibenden Ausgaben über den jeweiligen Ausgaben für Investitionen gelegen und damit die durch die Investitionshöhe bestimmte Kreditobergrenze des Art. 83 Satz 2 LV überschritten.
Die Antragsteller machen im Wesentlichen geltend, der Mitteltransfer über die Rücklage habe dazu gedient, die Kreditobergrenze zu unterlaufen. Die Rücklage sei nämlich kreditfinanziert gewesen. Die der Rücklage durch den Nachtragshaushalt 2000 zugeführten Mittel setzten sich zusammen aus einem im Haushaltsjahr 1999 - bei gleichzeitiger Nettoneuverschuldung von mehr als 5 Mrd. DM - gebildeten Überschuss in Höhe von knapp 800 Mio. DM und einem im Haushaltsjahr 2000 - bei gleichzeitiger Nettoneuverschuldung von 6,9 Mrd. DM - aus Mehreinnahmen/Minderausgaben entstandenen Betrag von gut 1,5 Mrd. DM. Der im Jahr 2001 - bei gleichzeitiger Nettoneuverschuldung von 6,2 Mrd. DM - der Rücklage zugeführte Betrag entstamme einem im Haushaltsjahr 2000 gebildeten Überschuss, der ebenfalls nur durch die Kreditaufnahme dieses Jahres ermöglicht worden sei. Durch den Kreditmitteltransfer seien weitere haushaltsverfassungsrechtliche Prinzipien verletzt worden; namentlich habe die vorgezogene Kreditaufnahme zu erhöhten Zinslasten geführt, die mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit unvereinbar seien. Überdies rügen die Antragsteller, der Grundsatz der Haushaltswahrheit sei verletzt, weil bereits bei Aufstellung des Haushalts 2001 erkennbar gewesen sei, dass die Steuereinnahmen 2001 - wie tatsächlich in einem Umfang von 5,8 Mrd. DM geschehen - weit hinter dem vorgesehenen Haushaltsansatz von 71,6 Mrd. DM zurückbleiben würden.
Landtag und Landesregierung sind dem Normenkontrollantrag entgegengetreten: Die investitionsabhängige Kreditobergrenze des Art. 83 Satz 2 LV sei sowohl in den Jahren der Rücklagenzuführungen als auch in denen der Rücklagenentnahmen eingehalten worden. Dem Haushaltsgeber sei es nach der Landesverfassung nicht verwehrt, einen aufgrund zukunftsbegünstigender Investitionen zulässigen Kreditrahmen auszuschöpfen und zugleich Haushaltsmittel einer Rücklage zuzuführen. Die Rücklagenbildung sei hier aus Gründen haushälterischer Vorsorge geboten gewesen, um die aufgrund der Steuerreform 2001 erwarteten Einnahmeausfälle zu kompensieren. Gegen den Grundsatz der Haushaltswahrheit habe der Gesetzgeber nicht verstoßen, denn bei Aufstellung des Haushalts 2001 sei das tatsächliche Ausmaß der Steuermindereinnahmen im Jahr 2001 nicht vorhersehbar gewesen.
Eine Entscheidung wird in dem Verhandlungstermin am 1. Juli 2003 noch nicht ergehen, sondern erst in einem noch anzuberaumenden Termin verkündet werden.
VerfGH 6/02