Landeshaushalte 2001 und 2002 wegen kreditfinanzierter Rücklagen verfassungswidrig
Dies hat der Verfassungsgerichtshof NRW durch heute verkündetes Urteil entschieden und damit einem entsprechenden Antrag von Mitgliedern der CDU-Landtagsfraktion stattgegeben.
Die Haushaltspläne 2001 und 2002 sahen Entnahmen aus einer allgemeinen Rücklage in Höhe von 2,3 Mrd. DM bzw. 1,2 Mrd. DM vor. Mittel in dieser Höhe waren der Rücklage durch die Haushaltspläne des jeweiligen Vorjahres - bei gleichzeitiger Kreditfinanzierung der Haushalte - zugeführt worden. Ohne die Rücklagenentnahmen hätte die Netto-Neuverschuldung in den Haushaltsjahren 2001 und 2002 über den Ausgaben für Investitionen gelegen und damit die Kreditobergrenze des Art. 83 Satz 2 der Landesverfassung NRW (LV) überschritten.
Der Verfassungsgerichtshof hat in den Regelungen über die Rücklagenzuführungen und -entnahmen Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Kreditbegrenzungsregelung des Art. 83 Satz 2 LV gesehen. In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. Bertrams hierzu u.a. aus:
Die in die Rücklage eingestellten Mittel seien kreditfinanziert gewesen, da ohne Kreditaufnahme in entsprechender Höhe Mittel für die Rücklagenbildung nicht zur Verfügung gestanden hätten. Angesichts dessen verstoße die Rücklagenbildung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Denn die der Rücklage zugeführten Mittel hätten die Haushalte 2000 und 2001 belastet, obwohl sie in den zugehörigen Haushaltsjahren noch nicht benötigt worden seien. Diese Belastung sei auch nicht deshalb gerechtfertigt gewesen, weil man das Ziel verfolgt habe, trotz der durch die Steuerreform bedingten Einnahmeausfälle in den Haushaltsjahren 2001 und 2002 die Kreditobergrenze des Art. 83 Satz 2 LV nicht zu überschreiten. Die Überführung kreditfinanzierter Mittel über die Rücklage in die Haushalte 2001 und 2002 habe es zwar ermöglicht, die Kreditobergrenze in den betreffenden Haushaltsjahren rechnerisch einzuhalten. Der Haushaltsgesetzgeber habe um dieses Erfolges willen aber nicht die durch keinen aktuellen Ausgabenbedarf veranlasste Neuverschuldung in Kauf nehmen dürfen. Die gewählte haushaltstechnische Gestaltung habe dazu geführt, dass der durch die Ausgabenansätze der Haushaltsjahre 2001 und 2002 erzeugte Kreditbedarf jeweils auf mehrere Haushaltsjahre verteilt gedeckt worden sei. Diese Aufsplittung habe zur Folge gehabt, dass die Kreditobergrenze, die auf das einzelne Haushaltsjahr abstelle, ihre Wirkung nicht mehr habe entfalten können. Die verfassungsrechtliche Kreditbegrenzungsregelung sei mithin leer gelaufen. Der Haushaltsgesetzgeber habe außerdem mit der Bereitstellung kreditfinanzierter Mittel für die Rücklage seiner aus Art. 83 Satz 2 LV folgenden Verpflichtung zuwider gehandelt, Spielräume zur Verschuldungsbegrenzung zu nutzen. Denn mit der Einstellung kreditfinanzierter Rücklagen in die Haushalte 2001 und 2002 seien diese Mittel nicht zur Schuldentilgung, sondern zur Deckung der Ausgabenansätze beider Haushalte eingesetzt worden.
- VerfGH 6/02 -