Ehrenkodex für Verfassungsrichter
In der öffentlichen Diskussion über parteipolitische Aktivitäten von Wahlmitgliedern des Verfassungsgerichtshofs und eine damit verbundene Besorgnis der Befangenheit ist die Forderung nach einem „Ehrenkodex“ für Verfassungsrichter erhoben worden. Dem ist entgegen zu halten, dass es einen solchen „Ehrenkodex“ seit jeher gibt. Danach ist es auf Bundes- wie auf Landesebene guter und ständig geübter Brauch, dass sich Verfassungsrichter parteipolitischer Aktivitäten enthalten und parteipolitische Ämter niederlegen. Entsprechen Verfassungsrichter dieser tradierten richterlichen Anstandspflicht nicht, muss das Verfassungsgericht die Frage einer Befangenheit auf der Grundlage der dafür vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen in jedem Einzelfall klären.
Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass es in erster Linie dem Landtag obliegt, bei der Auswahl der von ihm zu wählenden Verfassungsrichter und ihrer Vertreter dafür Sorge zu tragen, dass Interessenkonflikte wegen parteipolitischer Aktivitäten von Verfassungsrichtern erst gar nicht entstehen können.
Dr. Michael Bertrams