Landesregierung hat parlamentarisches Budgetrecht durch verspätete Vorlage des Haushaltsentwurfs 2012 verletzt
Dies hat der Verfassungsgerichtshof in einem heute verkündeten Urteil festgestellt und damit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE im Landtag Nordrhein-Westfalen der 15. Wahlperiode stattgegeben. Mit dem Anfang Dezember 2011 eingeleiteten Organstreitverfahren hatte die Antragstellerin geltend gemacht, die Landesregierung und der Finanzminister hätten den Haushaltsentwurf dem Landtag unter Verletzung des Vorherigkeitsgebots der Landesverfassung nicht so rechtzeitig vorgelegt, dass der Haushaltsplan noch vor Beginn des Haushaltsjahres 2012 durch das Haushaltsgesetz habe festgestellt werden können. Dem ist der Verfassungsgerichtshof gefolgt, soweit der Antrag gegen die Landesregierung gerichtet war.
Zur Begründung führte Präsident Dr. Bertrams aus: Nach Art. 81 Abs. 3 Satz 1 der Landesverfassung werde der Haushaltsplan vor Beginn des Haushaltsjahres durch das Haushaltsgesetz festgestellt. Dieses sogenannte Vorherigkeitsgebot sei keine bloße Sollvorschrift; es begründe vielmehr eine zwingende Verpflichtung. Für die Landesregierung folge daraus die Pflicht, den Haushaltsentwurf so rechtzeitig in das Parlament einzubringen, dass diese Terminvorgabe eingehalten werden könne. Eine Nichteinhaltung der Terminvorgabe könne allenfalls dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, wenn die zeitgerechte Mitwirkung von Landesregierung oder Parlament infolge eines unabwendbaren oder jedenfalls von der Verfassung in Kauf genommenen Ereignisses objektiv unmöglich gewesen sei, etwa weil ein beteiligtes Verfassungsorgan vorübergehend seine Handlungsfähigkeit verloren habe.
Gemessen daran habe die Landesregierung ihre Pflicht zur rechtzeitigen Vorlage des Haushaltsgesetzentwurfs verletzt, indem sie diesen so spät in das Parlament eingebracht habe, dass er dort nur noch am 21. Dezember 2011 in erster Lesung habe beraten werden können. Die von der Landesregierung geltend gemachten Erschwernisse und Verzögerungen des streitgegenständlichen Haushaltsaufstellungsverfahrens seien keine objektiven, zwingenden Hinderungsgründe, die das Unterbleiben einer rechtzeitigen Haushaltsvorlage hätten rechtfertigen können.
VerfGH 12/11